Stegermaier_Akustik_RaumakustikEine akustisch gut gestaltete Büroumgebung trägt maßgeblich dazu bei, dass die Beschäftigten ungestört und konzentriert arbeiten und kommunizieren können. Eine abgestimmte akustische Gestaltung der Räume fördert die Produktivität, die Arbeitszufriedenheit und das Wohlbefinden im Büro und ist damit ein wichtiger Faktor für Motivation und Erfolg in der Büroarbeitswelt.

Dagegen können laute, störende Geräusche im Büro die Konzentration, die Leistungsfähigkeit und sogar die Gesundheit negativ beeinflussen.

Störender Lärm im Büro wird von den Beschäftigten als „Störfaktor Nummer eins“ genannt – noch vor den anderen Umgebungsfaktoren wie Klima und Licht.

Durch den Wandel der Arbeitswelt hat die Kommunikation zwischen den Beschäftigten immer mehr an Bedeutung gewonnen.

Viele Unternehmen entschließen sich dazu, für die Büroarbeit neue Raumkonzepte einzuführen. Ob in offenen Bürolandschaften, Call Centern, in non-territorialen Büros oder aber auch in klassischen Raumformen, wie dem Mehrpersonen-, Gruppen oder Großraumbüro: Stets arbeiten mehrere Beschäftigte zusammen in einem Raum und können miteinander kommunizieren, sich aber auch gegenseitig stören.

Normen zur Messung bzw. Bestimmung der Rauakustikparameter:

Schalldruckpegel nach DIN 18041 und DIN 60268-16

DIN18041 – “Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen”

Messungen nach DIN EN ISO 3382-3:2012-05

(Akustik – Messung von Parametern der Raumakustik – Teil 3: Großraumbüros)

Sprachverständlichkeitsmessungen gemäß DIN60268-16

Raumakustische Messungen

Die Nachhallzeit

Die Nachhallzeit ist der wichtigste raumakustische Parameter und wird in vielen Bereichen gefordert (DIN 18041 und VDI 2569). Die Messung ist durch internationale Normen (DIN 3382) standardisiert

Zur Messung der Nachhallzeit wird der Raum durch eine Schallquelle angeregt. Das Schallfeld wird durch ein Messmikrofon erfasst und ausgewertet.

Die Nachhallzeit wird in Sekunden angegeben und ist definiert als die Zeitspanne in der sich der Schalldruck im Raum nach dem Abschalten der Signalquelle um 60 dB verringert.

Raumvolumen-empfohlene-Nachhallzeiten

 

Die Sprachverständlichkeit

Messungen nach DIN EN ISO 3382-3:2012-05 (Akustik – Messung von Parametern der Raumakustik – Teil 3: Großraumbüros)

Seit einigen Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Akustik in Büroräumen einen erheblichen Einfluss auf die Konzentrationsfähigkeit und damit die Arbeitsleistung der Mitarbeiter hat.

Die klassischen Anforderungen fanden sich insbesondere in der DIN3382-2 und der DIN18041. Dabei steht eine Optimierung der Nachhallzeit im Vordergrund. Die Annahme ist hierbei, dass damit der Geräuschpegel insgesamt reduziert wird. Durch Absorber werden die Reflektionen reduziert, die Lautstärke von Sprechern reduziert sich durch den Lombard-Effekt.

Über die Jahre hat sich jedoch gezeigt, dass solch behandelte Räume keinesfalls eine günstige Akustik haben. Zwar hat sich die Nachhallzeit reduziert und damit die Sprachverständlichkeit verbessert, allerdings ist genau dieser Effekt kontraproduktiv. „Sprachfetzen“ werden jetzt über weite Distanzen im Büro getragen. Instinktiv reagieren Menschen auf Sprache besonders empfindlich. Ein Mensch versucht unbewusst wichtige Information aus dem Schall zu gewinnen und die Konzentration leidet darunter. Anschaulich lässt sich dieser Effekt mit einem Telefonierenden vergleichen. In einer allgemein lauten Umgebung tritt ein Telefongespräch kaum störend ins Gewicht. Ist die Umgebung jedoch mit hohem Aufwand im klassischen Sinne akustisch optimiert, kann ein solches Telefongespräch sehr störend sein, gerade weil die Sprachverständlichkeit hoch ist.

Diese Erkenntnisse spiegeln sich in der neuen Norm DIN EN ISO 3382-3:2012-05 (Akustik – Messung von Parametern der Raumakustik – Teil 3: Großraumbüros) wieder. Hier werden wesentlich breitere Anforderungen an die Akustik gestellt. Im Vordergrund steht dabei die Reduktion der Sprachverständlichkeit. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Erreichen einer guten privaten Gesprächsumgebung an den einzelnen Arbeitsplätzen. Daher werden im Wesentlichen der Schallpegel und die Sprachverständlichkeit (DIN60268-16) gemessen. Die klassische Nachhallzeit wird nicht mehr direkt gemessen. Allerdings spiegeln sich die Reflektionseigenschaften des Raumes in der Sprachverständlichkeit wieder. Dieser Parameter STI ist wesentlich aussagefähiger als RT60.

Im Rahmen einer ganzheitlichen Untersuchung eines Raumes sollte jedoch zusätzlich die Nachhallzeit nach DIN3382-2 vermessen werden.

Durch den Schwerpunkt auf die Messung die Sprachverständlichkeit steigen die Anforderungen an die Messtechnik sowie den Ausbildungsstand des Messdienstleisters erheblich. Konnten raumakustische Messungen der Nachhallzeit bisher mit vielen Handschallpegelmessern und der bewährten Methode des abgeschalteten Rauschens durchgeführt werden, so ist diese Methode und die Ausrüstung den neuen Anforderungen nicht mehr gewachsen.

Über die letzten Jahre hatte sich gezeigt, dass das existierende Normenwerk keine ausreichende Grundlage zur objektiven Beurteilung von Großraumbüros darstellt. Es ist daher nur konsequent die Erfahrungen auf eine normative Grundlage zu stellen.

Daher erfordert die neue Norm ein Umdenken bei Planern, Ausrüstern, Ingenieurbüros, die Messungen anbieten, und Betreibern von Großraumbüros.

Kennwerte

Im Detail müssen folgende Parameter gemessen werden

  • Ablenkungsabstand, Dr, in m
  • Vertraulichkeitsabstand, rp, in m
  • räumliche Abklingrate des A-bewerteten SPL der Sprache, DL2,S, in dB
  • A-bewerteter SPL der Sprache im Abstand von 4m, Lp,A,S,4m, in dB
  • mittleres A-bewertetes Fremdgeräusch, in Oktavbändern Lp, A,B , in dB
  • Abstand von der Schallquelle r

Der Ablenkungsabstand rD ist der Abstand von der Schallquelle, ab der die Sprach-verständlichkeit STI unter 0.5 sinkt.

Der Vertraulichkeitsabstand rp ist der Abstand von der Schallquelle, ab der die Sprach-verständlichkeit STI unter 0.2 sinkt.

Lp,A,S,4m ist der A-bewertete Nenn-Schalldruckpegel der normalen Sprache in einem Abstand von 4,0 m von der Schallquelle. Die Messung muss nicht im Abstand von 4m erfolgen, sondern dieser Wert wird durch lineare Regression aus anderen Positionen berechnet.

Das Fremdgeräusch, Lp, A,B ist der Schalldruckpegel in Oktavbändern, am Arbeitsplatz während der Arbeitszeit, jedoch bei Abwesenheit von Personen. Alle durchgängig vorliegenden Geräusche sollen dabei gemessen werden, die nicht durch Menschen verursacht werden, z. B. RLT-Anlagen (Heizung, Lüftung und Klima), Verkehrsgeräusche in der Umgebung, Büroausstattung oder ein System zur künstlichen Erzeugung von verdeckendem Schall (Sound-Masking).

Der Ablenkungsabstand, der Vertraulichkeitsabstand, der Sprachpegel sowie der Fremdgeräuschpegel sollten möglichst niedrig sein. Die Abklingrate hingegen sollte möglichst hoch sein.

Je kleiner der Ablenkungsabstand ist, desto kleiner ist der räumliche Bereich in dem Sprache noch verstanden werden kann und damit zu einer möglichen Ablenkung führt.

 

Richtwerte

Zurzeit sind sinnvolle Richtwerte noch Gegenstand aktueller Forschung. Die aktuelle Version der Norm empfiehlt:

  • Ablenkungsabstand, rD <=5m
  • räumliche Abklingrate, DL2,S, >=7dB
  • A-bewerteter SPL der Sprache im Abstand von 4m, Lp,A,S,4m, <=48dB

Typische Werte in Büros mit ungünstiger Akustik sind:

  • Ablenkungsabstand, rD >10m
  • räumliche Abklingrate, DL2,S, <5dB
  • A-bewerteter SPL der Sprache im Abstand von 4m, Lp,A,S,4m, >50dB

Hierbei sei angemerkt, dass die Abklingrate unter Freifeldbedingungen 6dB beträgt. Dies sind ideale Ausbreitungsbedingungen ohne jegliche Reflektionen an den Wänden, wie sie in der Praxis nicht auftauchen. Klassische akustische Maßnahmen nach DIN18041 haben eine Reduktion der Nachhallzeit auf 0,5-0,8s als Ziel. Dies wird durch großflächige Absorber z.B. an den Decken leicht erreicht.

Vielfach sind diese Räume überdämpft und der Aufwand für die akustische Sanierung ist kontraproduktiv.

Mit solchen Maßnahmen lassen sich die Zielvorgaben für die Abklingrate nicht erfüllen. Durch die geforderte Abklingrate von mehr als 7dB sind Abschirmungsmaßnahmen zwischen den Arbeitsplätzen unvermeidlich. Und dies ist die wirklich neue Forderung der DIN3382-3. Dies wurde während der letzten Jahre von erfahrenen Planern bereits umgesetzt. Bisher fehlte hierfür eine normative Grundlage. Diese Lücke wird durch die neue Norm geschlossen.

Hierbei gibt es natürlich ein Zielkonflikt zwischen dem Konzept eines Großraumbüros (Open Space) und Abschirmung. Häufig werden absorbierende Teiler, die nicht bis zur Decke reichen, zwischen den Arbeitsplätzen platziert. Durch Beugungseffekte ist die Abschirmung insbesondere frequenzabhängig und vielfach unzureichend.

Anforderungen an die Messtechnik

Für eine normgerechte Messung ergeben sich folgende Anforderungen

  • Die Messung muss im vollständig möblierten Zustand erfolgen
  • Die Messung erfolgt ohne Personen, aber mit typischen Fremdgeräuschen
  • Eine Messung der Sprachverständlichkeit nach DIN60268-16 ist zwingend erforderlich. Dabei muss der vollständige Parametersatz STI gemessen werden. Eine Verwendung der vereinfachten Verfahren wie STI-PA ist nicht zulässig. Damit können Geräte wie der NTI AL1 oder XL2 nicht verwendet werden.
  • Die Messgeräte müssen die Anforderungen nach DIN 61672- Klasse 1 erfüllen
  • Die Messmikrofone müssen ungerichtet sein (Kugelcharakteristik)
  • Die Messung erfolgt in Oktavbändern im Bereich von 125Hz bis 8000Hz
  • Lautsprecher und Mikrofon müssen 1,2m über dem Boden positioniert werden
  • Omnidirektionale – ungerichtete – Lautsprecher (z.B. Dodekaeder) sind vorgeschrieben. Im Entwurf von 2009 wurden diese bevorzugt, waren jedoch nicht zwingend. Hintergrund ist, dass auch ein Mitarbeiter nicht ausschließlich in eine festgelegte Richtung spricht.
  • Der Pegel der Schallquelle muss in Oktavbändern kalibriert sein

 

Schallquelle

Die Schallquelle muss ungerichtet sein und in alle Raumrichtungen gleichmäßig abstrahlen. Dies wird in dem geforderten Frequenzbereich durch einen Dodekaeder nach DIN140 erreicht.

Für die Pegelmessung Lp,A,S,4m wird eine Schallquelle benötigt, deren Schallleistungs-spektrums einem Mittelwert der normalen menschlichen Sprache entspricht. Diese Mittelwerte fassen männliche und weibliche Sprecher zusammen. Die Referenzwerte beruhen auf ANSI S 3.5-1997 (R2007)

Die Schallquelle muss genau auf diese Oktavpegel kalibriert werden. Dies kann nur unter Laborbedingungen erreicht werden. Lautsprecher und Verstärker bilden eine Einheit und werden vom Hersteller eingemessen. Solche Systeme sollten regelmäßig (jährlich) in einem geeigneten Labor geprüft werden, da unter normalen Raumbedingungen die Kalibrierung nicht überprüft werden kann.

Durchführung einer Messung

Zunächst wird der Lautsprecher an einer typischen Kopf-Position eines Mitarbeiters platziert. Dabei muss ein Mindestabstand von 0.5m von Tischen und 2m von Wänden oder anderen reflektierenden Flächen eingehalten werden. Danach werden in verschieden Abständen von der Schallquelle alle geforderten Parameter gemessen. Die Messpositionen sollten in einer Linie sein, die über die Arbeitsplätze erfolgt. Typischerweise werden sechs bis zehn Messpositionen verwendet, mindestens jedoch vier. Für die räumliche Abklingrate werden nur die Abstände im Bereich von 2-16m verwendet. Die erste Messposition muss sich am nächstgelegenen Arbeitsplatz auf der gedachten Linie befinden.

Insgesamt müssen mindestens 2 Positionen der Schallquelle vermessen werden.

Prüfbericht

Ein Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten

  1. ) Eine Aussage, dass die Messungen in Übereinstimmung mit diesem Teil der DIN EN ISO 3382-3:2012
  2. ) Name und Lage des geprüften Raums;
  3. ) Grundrisszeichnung des Raums mit einer Angabe des Maßstabs und, sofern relevant, ein Schnitt durch den Raum
  4. ) Höhe und Hauptmaße des Raums;
  5. ) Bedingungen im Raum (Mobiliar, Anzahl der anwesenden Personen, Betrieb der Lüftungsanlage)
  6. ) Beschreibung der Oberfläche von Fußboden und Decke
  7. ) Beschreibung von Typ und Höhe der Abschirmungen
  8. ) Art der Schallquelle und Angabe der Richtungskenngrößen
  9. ) Beschreibung der Schallsignale, der Messeinrichtung und der Mikrophone
  10. ) Quellen- und Mikrofonpositionen auf der Grundrisszeichnung, einschließlich Abschirmungen und Aufbewahrungseinheiten zwischen Quelle und Mikrophon, sowie die Höhe
  11. ) Messergebnisse als Einzahl-Werte
  12. ) Kurven der räumlichen Schallverteilung einschließlich Messdaten für Lp,A,S, Lp,A,B und STI
  13. ) Messdatum und Name der die Messungen durchführenden Organisation.

Quelle: Dr. Jordan